Der zweite Aufenthalt (07.09. – 09.10.):


Das Wochenende nach der Untersuchungswoche konnte ich zu Hause verbringen, danach ging es wieder in die Klinik. Die
erste Chemotherapie stand an und vor der hatte ich eine Heidenangst. Meine Eltern waren beide an Krebs gestorben und
ich hatte als Jugendlicher die Nebenwirkungen der ihrer Chemotherapie erlebt. Dass nach mehr als 50 Jahren ganz
andere Therapien und Medikamente zur Verfügung stehen als damals hatte ich völlig ausgeblendet. Die Angst vor der Chemotherapie war sogar so groß, dass ich im Vorfeld lange Zeit überlegt hatte, ob ich diese Behandlung überhaupt
angehen sollte. Aber letztlich hat der Überlebenswille gesiegt und so war ich nun in Jena und wartete mit äußerst
gemischten Gefühlen auf die ersten Infusionen.   Was ich als durchaus angenehm empfand war wieder das Ambiente.
Ärzte, Pflegepersonal und Mitpatienten waren in der einen Woche, die ich ja schon da gewesen war, schon fast wie eine
zweite Familie geworden. Man kannte einander und saß letztendlich in einem Boot. Um nicht jeden Tag einen neuen Venenzugang zu legen wurde mir ein zentraler Venenkatheder (ZVK) gelegt. Das ist ein dünner Kunststoffschlauch,
der über eine Vene am Hals in das Venensystem eingeführt wird und dessen Ende vor dem rechten Vorhof des Herzens
liegt. Über 2 der  meist 3 Anschlüsse gelangen die Medikamente in den Körper, über den 3. Anschluss wird täglich Blut für
die nötigen Untersuchungen abgenommen. Der Eingriff selbst ist unangenehm aber mehr auch nicht. Der Katheder selbst
wird nach kurzer Zeit gar nicht mehr wahrgenommen.
Was mich völlig überraschte waren die Nebenwirkungen der Chemotherapie. Oder besser gesagt, das fast völlige Ausbleiben von Nebenwirkungen. Viele Patienten leiden während der Therapie an Durchfall, Erbrechen, Infektionen der Mundschleimhaut, Hautausschlag, Fieber, Haarausfall und vielen anderen Dingen mehr. Als ich den Ärzten gegenüber äußerte, ich hätte gar keine Nebenwirkungen gehabt machten diese mir klar, dass ich (fast) alle auch hatte, aber in sehr abgeschwächter Form. Statt wie manche Patienten 41° und mehr Fieber hatte ich mich mit 39° begnügt, leichten Durchfall hatte ich einfach ignoriert und Hautausschlag hielt ich für nicht der Rede wert. In meiner
fast schon Panik hatte ich auf schlimmste Komplikationen gewartet und die vorhanden Nebenwirkungen gar nicht registriert. Nachdem mir das klar (gemacht worden) war, kam die große Erleichterung und ich konnte die ganze Sache mit Humor nehmen. So kam es zu einer „Beschwerde“ darüber, dass die tintenblaue Flüssigkeit, welche mir in die Venen gepumpt wurde wohl doch kein „Blue Curacao“ gewesen sei usw. Gelassen konnte ich nun die restliche Zeit verbringen und wurde am 09.10. entlassen. Geplant war eine Woche zu Hause, danach sollte ich zur nächsten Chemo-Phase wieder zur Klinik kommen.

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